Empathisches Forderungsmanagement – wenn unterm Strich alle profitieren

Wie Technologie das Forderungsmanagement menschlicher machen kann

Spezialisten setzen im Forderungsmanagement zunehmend auf digitale Interaktion mit ihren Kunden, und sind damit äußerst erfolgreich. Denn die meisten Verbraucher reagieren schneller und positiver auf Textnachrichten als auf einen Telefonanruf. Insbesondere bei so heiklen Themen wie Zahlungsrückständen schätzen sie es, nicht persönlich mit jemandem sprechen zu müssen. Darauf sollten sich Gläubiger einstellen. Eine einfühlsame Kommunikationsstrategie nutzt Daten und den daraus gewonnenen Kontext, um die Interaktion mit den Kunden zu personalisieren und Zahlungsoptionen auf ihre individuellen Bedürfnisse und Bedingungen zuzuschneiden.

Die Weichen im Forderungsmanagement sind auf digital gestellt

Forderungsmanagement und Empathie – das klingt vielmehr wie ein Widerspruch, als nach einer Superkombination. Zumindest bis heute. Denn lange war es gängige Praxis im Forderungsmanagement vor allem durch Mahnungen und das Aufzeigen rechtlicher Handlungsfolgen Druck auf säumige Zahler aufzubauen, um sie zur Zahlung zu bewegen. Aber immer mehr Unternehmen stellen fest, dass sie mit einer kundenorientierten Herangehensweise erfolgreicher sind. Einem Bericht von McKinsey zufolge stärken Empathie und echte Fürsorge im Forderungsmanagement nicht nur die Kundenbeziehung, sondern vermitteln auch das Engagement für eine langfristige Kundenzufriedenheit. Ein modernes Forderungsmanagement bemüht sich daher um ein Verständnis der Ursache der Zahlungsstörung und eine Berücksichtigung der tatsächlichen finanziellen Leistungsfähigkeit des Kunden. Die Kunst dabei liegt in der Kommunikation – in der Zusammenarbeit und dem stetigen Austausch mit dem Kunden. Analytische Methoden wie Machine Learning und Künstliche Intelligenz in Kombination mit digitaler Kommunikation ermöglichen intelligente, zielgenaue Dialoge, um gemeinsam mit Kunden die jeweils besten Lösungen für die Tilgung des Zahlungsrückstandes zu finden – ein Ansatz, von dem beide Seiten profitieren.

Studien zeigen, dass Verbraucher im Forderungsmanagement die digitale Kommunikation bevorzugen und häufiger sowie schneller darauf reagieren. Einem Bericht von MobileSquared zufolge werden 90 Prozent der Textnachrichten innerhalb von drei Minuten geöffnet. Und Gartner hat festgestellt, dass die Verwendung von Textnachrichten als primäre Kommunikationsform die Kundenbindung verbessert und die Lese- und Antwortraten erheblich steigern kann. Untersuchungen von LinkedIn zeigen, dass Verbraucher, die digitale Kanäle nutzen, nicht nur seltener in Zahlungsverzug geraten, sondern auch ihre Rechnungen schneller begleichen.

Die Unternehmensberatung McKinsey empfiehlt daher Unternehmen,

  1. die Ergebnisse digitalen Engagements genau zu messen,
  2. die Vorteile von Data Analytics und künstlicher Intelligenz zu nutzen und
  3. in kundenorientierte digitale Lösungen und Systeme zur Entscheidungsunterstützung zu investieren.

Dies ermöglicht erfolgreich und zukunftsfähig zu bleiben, auch wenn sich die Rahmenbedingungen ständig ändern.

Customer Experience zählt: Die Zeit ist reif für die emotionale Dimension im Forderungsmanagement

Insbesondere Kundenerwartungen haben sich stark verändert. Die COVID-19-Pandemie war Treiber der digitalen Transformation und Unternehmen sind gezwungen, in Sachen Digitalisierung aufzurüsten. Unternehmen konkurrieren jetzt nicht mehr nur mit ihren Produkten, sondern mit dem besten Kundenerlebnis. Kunden erwarten, dass ihre Interaktionen personalisiert und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Unternehmen müssen daher vorhandene Daten nutzen, um durch ein tiefergehendes Verständnis der Zusammenhänge individuelle Kundenerfahrungen zu schaffen und diese stetig zu optimieren. Um sich von anderen Unternehmen abzuheben, sollten sie die „emotionale Dimension“ des Kundenerlebnisses in den Fokus rücken – und nicht nur auf der sachlichen Ebene kommunizieren.

So geht empathische Kundenerfahrung im Forderungsmanagement

Für ein empathisches Forderungsmanagement ist Personalisierung das A und O. Sie erfolgt idealerweise in einen orchestrierten Omnichannel-Ansatz, bei dem alle Kundendaten und Interaktionen in einem einzigen, kohärenten Prozess gemanagt werden. Omnichannel-Kommunikation ist ganzheitlich und respektiert die individuellen Präferenzen der Kunden. Sie umfasst Selbstbedienung, virtuelle und menschliche Agenten, Textnachrichten, mobile Anwendungen und interaktive Sprachdialoge sowie einen hohen Automatisierungsgrad. Die Frequenz und die Tonalität der Kontaktaufnahme kann auf der Grundlage des persönlichen Profils sowie anhand von Compliance-Vorgaben und Risikoabwägungen für jeden Kunden individuell angepasst werden.
So könnte ein rückständiger Zahler beispielsweise eine Textnachricht erhalten, gefolgt von einem Anruf oder einer E-Mail zu einer bestimmten Tageszeit – abhängig von der Anzahl der Rückstandstage, dem Rückstandsbetrag, der erwarteten Zahlungswahrscheinlichkeit und auf der Basis anderer Daten wie zum Beispiel dem historischem Zahlungs- und Kommunikationsverhalten des Kunden. Das Management der verfügbaren Kommunikationskanäle in einer nahtlosen, koordinierten Weise durch diese niedrigschwellige Minikontakt-Strategie reduziert nicht nur die operativen Aufwände auf Gläubigerseite, sondern ermöglicht auch eine effektive Kommunikation und führt so zu erheblich verbesserten Erledigungsquoten.

Weitere Vorteile von einfühlsamem Forderungsmanagement

Empathie und wirtschaftlicher Erfolg sind eng miteinander verbunden. Ein Beispiel zeigt, was hier möglich ist: In den letzten Jahren konnten Banken, die mit FICO® Customer Communication Services einen einfühlsamen Ansatz im Forderungsmanagement verfolgen, ihre Kosten in Segmenten mit geringem und mittlerem Risiko um 20 Prozent senken. Einfühlungsvermögen spielt auch eine zentrale Rolle bei der Problemlösung. Das fängt damit an, Daten zu nutzen, um kreative Lösungsansätze zu entwickeln. Denn wenn sich die Schuldner ernst genommen fühlen, sind sie viel eher bereit, gemeinsam mit Banken oder Gläubigern an einer Lösung zu arbeiten. Die Automatisierung von Routineaktivitäten wie das Aussprechen von Zahlungserinnerungen und der Abschluss von Zahlungsvereinbarungen ermöglicht zudem Mitarbeitenden eine stärkere Konzentration auf die persönliche Betreuung von solchen Kunden, die diese tatsächlich benötigen.

Darüber hinaus geht es um noch viel mehr: Ein besseres Kundenerlebnis führt zu einer langfristigen Kundentreue und einem besseren Ruf für Finanzinstitute oder Unternehmen. Denn die Art und Weise, wie Gläubiger Kunden in einer finanziell schwierigen Situation behandeln, werden diese noch jahrelang in Erinnerung behalten.

Autor: Dr. Ulrich Wiesner, Principal Consultant, EMEA Analytics bei FICO


Kontakt: fico@maisberger.com

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